Visualisierung als Übersetzung
Visualisierung als Übersetzung –
Tagung des Instituts für Kulturforschung Heidelberg
Freitag den 10. Oktober 2008
Wissenschaftliche Leitung:
Dirk Hommrich, Jens Kertscher, Matthias Kroß, Dieter Mersch
Ort:
Einstein Forum, Am Neuen Markt 7, 14467 Potsdam
Audio-Aufzeichnungen der Vorträge
Die Frage der Bildlichkeit und bildlichen Vermittlung, der „Visualisierung als Übersetzung“ überschreitet einen bloß technisch gefassten translationellen Übersetzungsbegriff. Geht dieser doch typischerweise vom Modell der Übertragung von einem bereits bestehenden (Darstellungs- bzw. Deutungs-)System in ein anderes aus. Am sinnfälligsten ist dieses Vorgehen in der Übersetzungspraxis von einer Sprache in eine andere. Dies gilt im Falle der Visualisierung und Bildgebung jedoch nur partiell. Zwar gibt es auch hier das Phänomen der Übertragung von einem bereits bestehenden Medium in ein anderes: exemplarisch vom Bild zum Text oder vom Text zum Bild. Allerdings hat man es bei Visualisierungen, insbesondere bei solchen bildgebenden Verfahren, wie sie in den Naturwissenschaften üblich sind, mit der Generierung von etwas Neuem zu tun. Ein Ausgangsmedium oder System, von dem aus in ein anderes übersetzt würde, liegt hier nicht vor, so dass sich die Frage danach stellt, wovon die durch die Bildgebungsverfahren erzeugten Repräsentationen eigentlich eine Übersetzung sein sollen bzw. ob es überhaupt sinnvoll ist, in solchen Fällen von der „Übertragung von etwas“ – wovon eigentlich? – ins Medium des Bildes zu sprechen.
Indem die Tagung gleichermaßen die Frage nach der Reichweite von Visualisierung als Übersetzung stellt und dabei neben Fragen der Intermedialität vor allem auch die vielfältigen gesellschaftlichen und kulturellen Kontexte des Bildgebrauchs einbezieht, weist sie sowohl über die vertrauten bildwissenschaftlichen als auch über traditionelle Fragen der Ekphrasis-Forschung hinaus. Während letztere, im traditionellen Sinne, einen ganz spezifischen Fall von Intermedialität, nämlich den der sprachlichen Bildbeschreibung, untersucht und erstere Fragen nach dem Status oder auch der Seinsweise von Bildern, ihrer Funktionsweise als eine bestimmte Klasse von Zeichen aufwirft, stellt die Tagung den Aspekt, Visualisierungsstrategien als eine bestimmte Form des vermittelnden Bildgebrauchs zu behandeln, in den Vordergrund. Am Beispiel der Untersuchung solcher Visualisierungsstrategien können Grenzen und Reichweite eines erweiterten Übersetzungsbegriffs, wie er im Zuge des translational turn propagiert wird, kritisch diskutiert und dieser auf eine breitere und damit auch für andere Bereiche des Übersetzens fruchtbar zu machende Grundlage gestellt werden.
Wissenschaftliche Leitung: Dr. Jens Kertscher, Dr. Matthias Kroß